Arbeitsrechtliche Aspekte der Coronakrise

von David Marhold

Hat der Arbeitgeber besondere Pflichten?

Arbeitgeber sind grundsätzlich verantwortlich für Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz. Im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht sollten diese gegenüber ihren Mitarbeitern Anweisung zur Einhaltung die von den RKI empfohlenen Hygienemaßnahmen geben. Dies kann durch das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln an geeigneten Standorten (Eingang, Toiletten), Hinweise zu deren Benutzung und verstärktes Hinwirken auf die Einhaltung der Hygienestandards sein. Ebenso können Sie unter diesem Gesichtspunkt Dienstreisen sowie die Teilnahme an Meetings und an Fortbildungsveranstaltungen untersagen. Sollten dennoch Dienstreisen nötig sein, dürfen diese unzulässigerweise nicht Regionen mit behördlicher Reisewarnung betreffen.

Kann der Arbeitnehmer die Arbeit verweigern aus Angst vor einer Ansteckung?

Grundsätzlich besteht die arbeitsvertragliche Pflicht zur Arbeitsleistung. Möchte der Arbeitnehmer jedoch nicht zur Arbeit kommen, kann er im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber eine unbezahlte Freistellung vereinbaren. Bleibt der Arbeitnehmer unentschuldigt der Arbeit fern, setzt er sich dem Risiko einer Abmahnung oder Kündigung aus.

Was passiert mit meinem Vergütungsanspruch, wenn der Verdacht auf eine Ansteckung besteht?

Unabhängig davon, ob bei dem Arbeitnehmer Covid19 oder einen andere Krankheit diagnostiziert wurde, kann der Arzt diesen eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen und der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung (§ 3 EFZG) für die Dauer von sechs Wochen. Abweichendes ist dem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag zu entnehmen. Aber auch hier kann ein Entschädigungsanspruch gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG bestehen, wenn ein behördliches Beschäftigungsverbot nach § 31 IfSG angeordnet worde. Entsprechend der aktuellen Meldungen kann sich dies auch auf einzelne Arbeitnehmer oder behördlich definierte Gruppen beziehen. Grundlage dieses Entschädigungsanspruchs ist jedoch nicht der Verdacht der Krankheit, sondern das Beschäftigungsverbot. Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer unter Quarantäne steht, §§ 30, 56 IfSG.

Was passiert mit dem Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn ein berufliches Tätigkeitsverbot ausgesprochen wird?

Nach § 31 S. 2 IfSG kann ein berufliches Tätigkeitsverbot angeordnet werden. Abweichend der üblichen Regeln nach dem EFZG besteht in dem Fall ein Entschädgungsanspruch, § 56 Abs. 2, 3 IfSG. Danach wird derjenige, wer als Ausscheider einer Infektion, als Ansteckungsverdächtiger, als Krankheitsverdächtiger oder sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne des § 31 Satz 2 IfSG einem Verbot der Ausübung seiner Arbeitstätigkeit unterliegt, vom Staat in Höhe seines Verdienstausfalls für die Dauer von sechs Wochen entschädigt. Dieser Erstattungsanspruch läuft über den Arbeitgeber, der in Vorleistung geht. Geschieht dies nicht, kann auch der Arbeitnehmer den Antrag stellen.

Was passiert mit dem Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn eine behördliche Betriebsschließung angeordnet wird?

Ab Dienstag schließen u.a. die meisten Kitas und Schulen. Sind Sie als Arbeitnehmer davon betroffen, zahlt nach der Betriebsrisikolehre der Arbeitgeber weiter die Vergütung. Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer sollten in dem Fall einen Antrag auf Entschädigungszahlung nach § 56 IfSG nicht vergessen. Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber einen Vorschuss beantragen kann, § 56 Abs. 12 IfSG.

Was passiert, wenn der Arbeitnehmer wegen fehlenden Kinderbetreuung wegen Schließung der Kita nicht seiner Arbeitsleistung vertragsgemäß nachkommen kann?

Ein Entschädigungsanspruch nach dem IfSG dürfte in dem Fall nicht bestehen. Möglicherweise ist der Arbeitgeber jedoch nach § 616 BGB dazu verpflichtet (sofern nicht im Arbeitsvertrag ausgeschlossen). Entscheidungserheblich ist die Dauer der Verhinderung, die nach § 616 BGB lediglich für wenige Tage (vorübergehend) zu bejahen wäre. Ein Vergütungsanspruch basiert auf dieser Anspruchsgrundlage besteht jedoch nicht für mehrere Wochen. Greift § 616 BGB nicht, besteht in dem Zusammenhang ebenso kein Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld gem. § 44a Abs. 3 SGB XI oder Krankengeld wegen Erkrankung des Kindes gem. § 45 SGB V. Dazu müsste das Kind selbst krank noch pflegebedürftig sein.

Kann der Arbeitnehmer von zu Hause aus (Home-Office) arbeiten?

Einseitig kann der Arbeitnehmer nicht festlegen, ab sofort von zu Hause zu arbeiten. Dies stellt vielmehr eine Arbeitspflichtverletzung dar, die trotz geleisteter Arbeit einen Vergütungsanspruch entfallen lässt. Es ist zu empfehlen mit dem Arbeitgeber im Einvernehmen eine Lösung zu finden um den Vergütungsanspruch zu behalten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu den Arbeitsmitteln und den Arbeitsplatz nicht umbeachtlich hoch sind.

Freistellung?

Unabhängig davon, ob Arbeitnehmer bereits Anzeichen einer Infektionen zeigen oder nicht, ist der Arbeitgeber befugt diese bezahlt freizustellen. Abweichend davon kann auch ein Zeitausgleich über ein geführtes Arbeitszeitkonto erfolgen.

Können Arbeitgeber aufgrund von Covid-19 Kurzarbeitergeld beantragen?

Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber das Wirtschaftsrisiko. Kurzarbeitergeld bestimmt sich nach § 96 SGB III. Die Bundesagentur für Arbeit hat bereits am 28.02.2020 hingewiesen, dass in Zeiten der Coronakrise von einem „unabwendbaren Ereignis“ oder „wirtschaftlichen Gründe“ im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bestehen und daher Kurzarbeitergeld bei vorübergehendem Arbeitsausfall zu gewähren ist. Dazu muss der Arbeitgeber einen entsprechenden Antrag stellen. Der Arbeitgeber muss in Bezug auf die Anordnung gegenüber dem Arbeitnehmer beachten, dass im Arbeitsvertrag eine Kurzarbeiterklausel formuliert bzw. die Kurzarbeit im Tarifvertrag oder - was häufiger vorkommt - in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist.